Eisenbahn in Franken und Thüringen
#1

175 Jahre Eisenbahn in Nürnberg – Achtung, langer Beitrag!

in KBS 820 - Ludwig-Süd-Nord-Bahn 23.12.2009 18:32
von willi (gelöscht)
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Hallo!

Diesen Beitrag habe ich für das Mobaforum, in dem ich seit kurzem schreibe/lese verfasst, aber weil es eigentlich die „Ur-KBS 820“ betrifft und vielleicht auch hier für User nicht aus der Region von Interesse ist stelle ich es hier auch ein.

Im kommenden Jahr steht wieder mal ein Jubiläum an – 175 Jahre Deutsche Eisenbahn. Ein wenig willkürlich, denn Eisenbahnen gab es auch in Deutschland schon vorher, aber die Städteverbindung Nürnberg – Fürth gilt nun mal als Geburtsstunde.
Richtiger wäre es, diese private Eisenbahngesellschaft als „erste in Deutschland fahrplanmäßig verkehrende, teilweise mit Dampfkrampf betriebene Eisenbahnstrecke auch für den Personenverkehr“ zu bezeichnen.

Sei’ s drum, ich möchte das hier zum Anlass nehmen, von der Entwicklung des Eisenbahnnetzes in Nürnberg zu berichten. Für die ortsfremden User vielleicht interessant, da die Eisenbahn im Großraum Nürnberg aktuell ja auch immer wieder im Fokus steht wegen der umfangreichen Um- und Ausbauten die grad anstehen.

Vorsicht, dies ist ein ausführlicher Beitrag, aber vielleicht findet ihr ja „zwischen den Jahren“ einmal Zeit dafür. Zur Verdeutlichung der historisch gewachsenen Struktur mit seinen Nadelöhren im Eisenbahnnetz habe ich Systemskizzen dazu erstellt. Die jeweils angesprochenen Ergänzungen bzw. Erweiterungen sind rot dargestellt.

Weil die gesamte Neugestaltung des Eisenbahnnetzes im Norden und Nordwesten Nürnbergs sehr umfangreich ist teile ich den Bericht in 2 Teile. Jetzt, zu Weihnachten, vom Anbeginn der Eisenbahn bis zu den Baumaßnahmen die Heute durchgeführt werden, zum Jahreswechsel dann einen Überblick, was in der weiteren Zukunft geplant und vorgesehen ist.


1835



Die „Ludwigs Eisenbahn“ zwischen Nürnberg („Am Plärrer“) und Fürth („Fürther Freiheit“) wird eröffnet, eine Zwischenstation befindet sich im Dörfchen Doos (Heute ein Stadtteil von Nürnberg).
Von der gesamten Eisenbahn ist nichts mehr übrig, die Verbindung wird Heute durch die U-Bahn Nürnberg-Fürth hergestellt, im Bereich der Fürther Straße bis ungefähr zur heutigen Station „Stadtgrenze“ verläuft sie (überwiegend als Hochbahn) ziemlich genau im ehem. Trassenverlauf der Ludwigsbahn.




1844




Erste Erweiteiterung der Eisenbahn in Nürnberg, die Strecke Nürnberg – Bamberg wird als Teil der „König-Ludwig-Süd-Nord-Bahn“ Lindau – Hof eröffnet. Im Gegensatz zur Ludwigsbahn, die eine Privatbahngesellschaft war als Staatseisenbahn.

In Nürnberg entsteht (zunächst als Kopfbahnhof) der Centralbahnhof für die Staatsbahn am Ort des heutigen Nürnberger Hauptbahnhofs, etwas südlicher als die Ludwigsbahnstation „Am Plärrer“.

Die neue Bahnstrecke trifft in Doos auf die Ludwigsbahn, es entsteht eine niveaugleiche Kreuzung, die später auch zur Überstellung von Güterwagen zwischen Staats- und Privatbahn genutzt wird. Die Strecke Nürnberg – Bamberg wird nicht durch Fürth geleitet sondern von Doss aus schnurgerade weiter nach Norden, über Gründlach weiter nach Erlangen / Bamberg.



1862



Als Teilstück der Eisenbahnstrecke Nürnberg – Neustadt/A. – Würzburg wird nun doch eine Staatseisenbahnverbindung zwischen Nürnberg und Fürth geschaffen, gleichzeitig wird die Bahnstrecke Nürnberg – Bamberg im Abschnitt von Doos bis Gründlach verlegt und verläuft nun über den sog. Fürther Bogen über den Hauptbahnhof Fürth und Vach um in Gründlach wieder auf die bisherige Trassenführung zu stoßen. Die hinderliche Kreuzung in Doos entfällt.
Die Trasse zwischen Doos und Gründlach wird aufgegeben und ist natürlich längst städtisch überbaut.



1867



Im Nürnberger Stadtteil Gostenhof wird mit dem Bau des „neuen Güterbahnhofs“ am Kohlenhof begonnen, da der Centralbahnhof den zunehmenden Güterverkehr nicht mehr bewältigen konnte. Heute befindet sich am ehem. Hauptgüterbahnhof noch das Containerterminal, das gerade aufgegeben wird da am Nürnberger Hafen das neue Terminal soeben in Betrieb gegangen ist, sowie das Bahnbetriebswerk Nürnberg West („Hauptbahnhof“).
Auf dem frei werdenden Gelände des Containerterminals soll ein Regiowerk der DB zur Wartung von Elektrotriebwagen entstehen.


1898



Der weiter zunehmende Güterverkehr über den Eisenbahnkonten Nürnberg konnte auch von diesem „neuen Güterbahnhof“ in Gostenhof nicht mehr bewältigt werden und musste aus der Stadt hinaus verlegt werden. Es entstand zunächst das „Rangierprovisorium“ des Rangierbahnhofs Nürnberg (in Betrieb gegangen 1904) im Süden der Stadt.
In Richtung Nord (Bamberg) und Nordwest (Würzburg) wurde der Rbf. über eine neue Strecke zum Bahnhof Fürth angebunden.

Damit entstand im Bahnhof Fürth gewissermaßen eine „neue Dooser Kreuzung“, ein Engpass der bis Heute den Verkehr sehr erschwert. Zwar können Güterzüge aus Würzburg gen Süden / Rbf. in Fürth einfach ausgefädelt werden, aber in der Gegenrichtung vom Rangierbahnhof nach Würzburg müssen sie in Fürth das Gegengleis (das „Personenzuggleis“ Würzburg – Nürnberg) kreuzen.
Güterzüge aus Bamberg nach Süden kreuzen dementsprechend beide Streckengleise von/nach Würzburg, und Züge vom Rangierbahnhof Richtung Norden / Bamberg zusätzlich auch noch das Streckengleis Bamberg – Nürnberg Hbf., und das alles niveaugleich!
Irgendwie so was wie der „Fürther Doppelknoten“.


1907



Der Hauptgüterbahnhof Nürnberg in Gostenhof wurde schon nach dem Bau des „Rangierprovisoriums“ als Vorläufer des Rbf. Nürnberg nur noch für den örtlichen Güterverkehr genutzt. Damit er bedient werden konnte, wurde (in Etappen) eine Verbindungsstrecke geschaffen, eben die Strecke zwischen Nürnberg Rbf. und Nürnberg Hgbf. die 1907 komplett fertig war und in Betrieb ging. Die Bahnstrecke Nürnberg-Hbf. – Bamberg wird durch eine Unterführung kreuzungsfrei gequert.

Die Verbindungsstrecke ist eingleisig, nicht elektrifiziert und wurde 1999 stillgelegt, seit 2007 mit Beginn des Baus der S-Bahn Nürnberg-Bamberg ist sie unterbrochen.


1922



Die Ludwigsbahn Nürnberg – Fürth stellt den Betrieb ein, die Gleise werden abgebrochen, die Fahrzeuge gelten als verschollen. Die Städteverbindung wird jetzt von einer Straßenbahn hergestellt. Der Fürther Bahnhof wird 1938, der Nürnberger Bahnhof 1952 abgerissen. Die private Eisenbahngesellschaft bleibt aber als Kapitalgesellschaft bestehen und wird erst nach Verkauf der Grundstücke an die Stadt Nürnberg in den 70er Jahren zum Betrieb der U-Bahn liquidiert.



2007




Mit dem Baubeginn für die S-Bahn Nürnberg – Forchheim beginnen erneut große Veränderungen im „Urnetz der deutschen Eisenbahn“.

Entweder schon im Bau oder in diesem ersten Bauabschnitt auch noch fertig gestellt werden::

- der Ausbau von zwei auf vier Streckengleisen zwischen Nürnberg-Hbf und Fürth-Hbf, von denen dann (nur!) eines von der S-Bahn genutzt werden wird. Die zukünftige S- Bahnstation „Nürnberg Rothenburger Straße“ wird umgebaut und auch Fürth-Hbf. dem S-Bahnbetrieb angepasst. Darüber hinaus werden (bzw. wurden im vergangenen Sommer bereits) alle Bahnhöfe und Haltepunkte zwischen Nürnberg und Bamberg für den sogenannten S-Bahn Vorlaufbetrieb ab Dezember 2010 insbesondere an die neuen Fahrzeuge angepasst (höhere Ausstiegshöhe der vorgesehenen E-Talent 2)

- außerdem wird die Strecke von Nürnberg-Rangierbahnhof nach Nürnberg-Hauptgüterbahnhof wieder in Betrieb genommen und elektrifiziert. Über den Abzweig Jansenbrücke im Norden des einstigen Hauptgüterbahnhofs (am abgebrannten Ringlokschuppen des BW Nürnberg-West) wird dann auch wieder die Eisenbahnstrecke Nürnberg – Fürth – Bamberg (bzw. – Würzburg) erreicht.

Das heftigste Hindernis beim Betrieb im Bahnhof Fürth wird damit vermeidbar, Güterzüge aus dem Süden bzw. dem Rangierbahnhof gen Norden via Bamberg müssen dort dann nicht mehr gleich drei Streckengleise kreuzen, sondern „unterfahren“ kurz vor dem Haltepunkt Nürnberg-Rothenburger Straße die Strecke Nürnberg-Hbf – Bamberg.

In der Gegenrichtung von Nord nach Süd ändert sich jedoch nix. Zwar könnten Güterzüge von Bamberg kommend auch über den Abzweig Jansenbrücke und die Verbindung Hauptgüterbahnhof – Rangierbahnhof südwärts fahren, aber das Problem mit der niveaugleichen Kreuzung der Strecken von Hauptbahnhof Nürnberg nach Würzburg bzw. Bamberg bleibt bestehen – ist also nur ein paar Kilometer vom Bahnhof Fürth zum Abzweig Jansenbrücke verlagert.

Alles was gerade gebaut wird ist denn auch nur der erste Aufzug des „Umbaus der Dooser Kreuzung“ der hier ansteht!



2010 (Oder a wegn später?)

Ab dem Fahrplanwechsel 2010 soll die S-Bahn Nürnberg – Forchheim – Bamberg in Betrieb gehen. Zur Aufnahme des S-Bahn Vollbetriebs sind entlang der Strecke weitere Baumaßnahmen notwendig, die aber erst mit dem Ausbau des Abschnitts Fürth – Bamberg – Ebenfels zur viergleisigen ICE Verbindung Nürnberg-Berlin durchgeführt werden sollen. Wann ist unklar, zur Zeit wird an dem Neubauabschnitt Ebenfels – Erfurt gebaut.
Außerdem ist im Bereich Fürth noch ein Güterzugtunnel konzipiert der die Dooser Kreuzung endgültig ersetzen soll.

Von diesen Vorhaben werde ich im zweiten Teil meines Beitrags berichten.
Über Korrekturen und Ergänzungen würde ich mich freuen, und natürlich werde ich Fragen gerne zur weiteren Verdeutlichung aufnehmen.

Mit einem Gruß in hoffentlich schöne Weihnachtstage
Willi

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#2

RE: 175 Jahre Eisenbahn in Nürnberg – Achtung, langer Beitrag!

in KBS 820 - Ludwig-Süd-Nord-Bahn 09.01.2010 13:55
von Regnitztaler (gelöscht)
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Hallo Willi,

jetzt sind wir im Jumbiläumsjahr 2010 und was plant die Bahn für die Feierlichkeiten? Einen feuchten Dreck! Nicht mal eine stolze Fahrzeugparade wie beim 150-jährigen wird es geben. Weil die Bahn AG im 21. Jahrhundert es wohl nicht für notwendig hält, die Bundesbahn-Klassiker von damals am Leben zu erhalten oder aktuelle Fahrzeuge aus dem Betrieb zu prästentieren. Ein echtes Armutszeugnis der Bahn AG-Saftladen.

Weiteres steht in diesem Artikel vom 07.12.2009:
http://www.abendzeitung.de/nuernberg/lokales/151281

Den Veranstaltungs-Kalender zum Jubiläumsjahr gibts hier: (Fast nur Kulturveranstaltungen *gähn*)
http://www.nuernberg.de/internet/bahnjah...staltungen.html

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