Karlsruhe entscheidet über Eilantrag
Sommerzeit steht vor dem Aus
Die jährliche Umstellung auf die Sommerzeit wird vielleicht schon bald der Vergangenheit angehören: Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entscheidet morgen über einen Eilantrag des Deutschen Bauernverbands und der Gewerkschaft der Lokführer (GdL), die Zeitumstellung umgehend wieder rückgängig zu machen.
Die GdL reichte nach den Tarifverhandlungen mit der Bahn Klage ein: Für die Lokführer gilt die "doppelte Stunde" bei der Umstellung auf Sommerzeit als unbezahlte Pause. Als die Gewerkschaft diesen Punkt im neuen Tarifvertrag nicht ändern konnte, beschloss sie, stattdessen gegen die Uhrenumstellung vorzugehen. Rückhalt erhält sie dabei von der deutschen Bahn, die sich durch die Abschaffung der Sommerzeit eine Kostenersparnis erhofft.
Gute Chancen für die Gegner
Die Chancen der Sommerzeit-Gegner stehen nicht schlecht: Zwar hatten vorherige Instanzen bereits die Rechtmäßigkeit des Gesetzes über die Zeitbestimmung von 1978 bestätigt, mit dem die Sommerzeit eingeführt worden war. Durch die Umsetzung der EU-Verordnung über die Einführung einer einheitlichen mitteleuropäischen Sommerzeit im Jahr 2002 hat sich jedoch eine neue Rechtslage ergeben. Die Gegner der Regelung argumentieren, dass ein derartig weitreichender Eingriff in Naturkonstanten und die persönliche Lebensgestaltung der gesamten Bevölkerung nicht durch eine einfache Verordnung erfolgen kann.
ARD-Rechtsexperte Karl Dieter Möller geht daher davon aus, dass dem Antrag stattgegeben wird: "Aktuelle Urteile des Bundesverfassungsgerichts wie die Entscheidung zur Kennzeichenerfassung und der Speicherung von Kommunikationsdaten haben gezeigt, dass das Gericht staatliche Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Bürger zunehmend unterbindet. Ich gehe davon aus, dass der erste Senat daher auch die Umsetzung der EU-Verordnung kippen wird und Nachbesserungen vom Gesetzgeber fordern wird", so Möller.
Notfall-Fahrplan und Tagesschau-Extraausgabe in Arbeit
Sollte das Verfassungsgericht dem Eilantrag der Kläger stattgeben, müssen unmittelbar nach der für Mittwochmorgen erwarteten Urteilsverkündung die Uhren umgestellt werden. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Michael Sommer, wies bereits vor dem Urteil darauf hin, dass die so gewonnene Stunde als Überstunde bezahlt oder als Pause gewährt werden muss. Die Deutsche Bahn hat zwar einen Notfall-Fahrplan erstellt, will aber die Zeit hauptsächlich nutzen, um bereits aufgelaufene Verspätungen zu verringern. Die 9-Uhr-Ausgabe der Tagesschau würde gegebenenfalls nochmals um 9 Uhr regulärer Zeit, also eine Stunde später, wiederholt werden.
Quelle: http://www.tagesschau.de/inland/zeitumstellung16.html